Kneipen in Japan

Wer kennt nicht die Bilder von betrunkenen Geschäftsleuten, die sich abends mit letzter Kraft zum Bahnhof schleppen? Die japanische Trinkkultur ist außerordentlich interessant und facettenreich. Kneipenbesuche nach der Arbeit zusammen mit dem Chef gehören hier genauso zum Alltag wie All-you-can-drink-Menüs. Was es mit all diesen Bräuchen auf sich hat, erfährst du in diesem Artikel.

Izakaya: Die japanische Kneipe

Am Wochenende mal schnell in die Kneipe gehen? Oder doch lieber in eine Bar? In Japan fällt diese Entscheidung meistens leicht, denn dort geht man in ein Izakaya (居酒屋, dt. „Alkoholgeschäft zum Sitzen“). Der Begriff setzt sich aus den Kanji, also den chinesischen Schriftzeichen für sitzen und Alkoholgeschäft zusammen. Es gibt sie im Prinzip überall. Egal ob neben einem Bahnhof, direkt im Bahnhof, im Stadtzentrum oder im Wohnviertel nebenan: Izakaya gibt es überall, wo Menschen sind. Und meistens sind diese auch immer randvoll mit denselbigen. Das liegt an der japanischen Trinkkultur, die tagtäglich zur Feierabendzeit zu beobachten ist. Egal ob mit Freunden, Kollegen oder sogar mit dem Chef: Ein Besuch in einem Izakaya gehört nach Feierabend einfach dazu. Doch warum ist das eigentlich so?

Trinken und essen

Zum einen liegt das sicher daran, dass man dort nicht nur Getränke bekommt, sondern ein Besuch in einem Izakaya in der Regel auch immer mit Essen verbunden ist. Normalerweise bestellt man viele kleine Gerichte zwischen 300 und 1500 Yen, die in der Mitte des Tisches platziert werden. Alle Besucher der Gruppe können sich dann selbst aussuchen, was und wie viel sie essen möchten  und nehmen sich einfach etwas aus der Mitte auf ihren eigenen Teller. Gepaart mit einem kühlen Bier ist das nach einem harten Arbeitstag natürlich ein Segen. Viele der Gerichte in einem Izakaya bestehen aus frittiertem Fleisch oder Fisch, allerdings gibt es auch Gemüse- und Salatgerichte.

Die japanische Hierarchie: Zum Besuch im Izakaya gezwungen

Natürlich haben nicht alle Angestellten nach einem langen Tag noch die Energie, sich in einem Izakaya zu betrinken, und würden lieber direkt nach Hause zur Familie fahren. Das ist oft aber gar nicht so einfach, denn das hierarchische System in Japan lässt einem keine Freiheiten, wenn es hart auf hart kommt. Oft möchte der Chef noch etwas mit seinen Kollegen trinken gehen – eine Situation, zu der man als Japaner natürlich nicht „nein“ sagen kann. Die Hierarchien in Japan sind weitaus komplizierter als bei uns in Europa, und spiegelt sich sogar in der japanischen Sprache wieder. Seinem Chef hat man natürlich Respekt zu zollen – und wenn dieser in ein Izakaya gehen möchte, dann hält man seine eigene Meinung eben zurück und geht einfach mit.

Die Preise in einem Izakaya

Die Preise in einem Izakaya variieren stark. Während man in etwas abgelegeneren Gegenden natürlich etwas weniger zahlt, sind sie in beliebten Stadtvierteln wie Shibuya und Shinjuku recht hoch. Oft wird hier allein schön für den Sitzplatz eine Gebühr von ein paar hundert Yen erhoben. In einigen Läden wird auch vorausgesetzt, dass pro Person mindestens ein oder zwei Gerichte bestellt werden – was den Gesamtbetrag dann natürlich deutlich in die Höhe treibt, vor allem wenn man gar keinen Hunger hat. Vor allem in den oben genannten Tokioter Stadtvierteln tummeln sich auf den Straßen viele Studenten herum, die im Auftrag eines Izakaya Passanten ansprechen und diese zu einem Besuch in diesem verführen wollen. Gerade als Tourist muss man hier aufpassen, denn diese Läden sind oft die teuersten.

Nomihôdai: All-you-can-drink

Besonders beliebt ist das All-you-can-drink-Prinzip, genannt nomihôdai (飲み放題). Bestellt man dieses Menü, so kann man in einer bestimmten Zeit – meistens innerhalb von 2 Stunden – so viel trinken, wie man kann. Hierzu zählt vor allem auch Alkohol, was für uns Deutsche vielleicht etwas befremdlich klingt. Nomihôdai kommt meistens mit der Regelung einher, dass eine Mindestanzahl von Essensbestellungen erreicht werden muss. Das All-you-can-drink-Menü kostet in der Regel zwischen 800 und 3000 Yen (entspricht 7 – 28 Euro). Der ausgeschenkte Alkohol ist natürlich nicht der hochwertigste, aber gerade bei jungen Leuten ist dieses Prinzip sehr beliebt. Was für den einen oder anderen Alkoholgenießer nun etwas zu billig klingt, ist für die Izakaya tatsächlich ein lukratives Geschäft. Japaner vertragen nämlich einfach nicht so viel Alkohol und sind oft schon nach zwei oder drei Gläsern betrunken. Als europäischer Tourist lohnt sich dieses Prinzip jedoch in der Regel, da man recht viel Geld sparen kann.

Izakaya

Die große Kette: Torikizoku

Natürlich gibt es auch hier einige Franchise-Geschäfte, die in sämtlichen Bereichen Japans die gleiche Speisekarte anbieten. Die größte aller Ketten hört auf den Namen Torikizoku (鳥貴族). Bei Torikizoku dreht sich alles um Hühnchengerichte, genauer gesagt um die sogenannten Yakitori, also um Hähnchenspieße. Das besondere an diesem Izakaya ist, dass hier jeder Artikel nur rund 300 Yen kostet. Zwar gibt es hier kein All-you-can-drink; durch die niedrigen Preise ist Torikizoku aber besonders bei Studenten beliebt.

Torikizoku gibt es eigentlich überall. Wenn du selbst mal in diesem Izakaya speisen möchtest, sollte es dir nicht schwer fallen, ein solches Geschäft zu finden. Hilfreich kann dabei auch Google Maps oder eine andere Karten-App sein.

Touristen haben bei Torikizoku den Vorteil, dass in letzter Zeit alle Bestellungen über Tablets, die direkt am Tisch angebracht sind, getätigt werden können. Und hier gibt es auch ein englisches Menü, sodass man auch komplett ohne Japanischkenntnisse mit den Bedienungen kommunizieren kann. Klasse, oder? Wenn du gerade deinen Japanbesuch planst, solltest du auch unbedingt mal eine heiße Quelle besuchen!

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