Fuchs

Der Beitrag „Fuchsfeen, wer sind die?“ ist ein Gastbeitrag, der von unserer Sprachtrainerin Edit aus Ungarn verfasst wurde. Der Artikel handelt von japanischen Erzählungen und den sogenannten Yōkai (妖怪). Nimm dir fünf Minuten Zeit und lass dich in eine Welt voller japanischer Geister und Fabelwesen entführen – es wird sich lohnen!

Nimm dir einen Moment Zeit und denke an etwas, das du mit dem Wort „Wald“ verbindest.

Fertig? Was fällt dir zuerst ein? Ich würde an einen dunklen Ort denken. Einige Sekunden später kommen Hänsel und Gretel.

Oder an den verbotenen Wald, wo ich als Rotkäppchen nicht gerne allein spazieren würde. Wenn wir jemanden aus Japan fragen würden, würde er wahrscheinlich an einen mysteriösen, aber trotzdem gemütlichen Ort denken, wo Kami (神, Götter) und Yōkai (妖怪, Geistererscheinungen) leben. In Japan ist der Wald ein Ort voller Magie und Geheimnisse.

Man sagt oft, Wörter beeinflussen unsere Denkweise. Woran denken wir aber, wenn wir über den Bewohner dieses Waldes, über den Fuchs sprechen?

Vulpes Vulpes

In Japan sind die Rotfüchse (Vulpes Vulpes) die am häufigsten vorkommenden Füchse. In der europäischen Literatur werden Füchse sehr oft schlau und listig dargestellt. „Schlau wie ein Fuchs“ – würde man sofort sagen.

Vulpes Vulpes

Sie sind vorsichtig und schleichen einsam mit der Beute zwischen den Zähnen. Eine der berühmtesten Yōkai – also eine Figur des japanischen Volksglaubens – ist der Fuchs. Oft assoziieren wir Japan mit der roten Kitsune, die oft in Frauengestalt erscheint.

Auf Japanisch schreibt man Kitsune folgenderweise: 狐. Das Kanji besteht aus zwei Teilen, die eine fono-semantische Kombination ergeben. Der linke Teil 犭 bedeutet „Tier“ und der rechte Teil 瓜 bedeutet „Kürbis“. In der chinesischen Aussprache aber klingt dieser zweite Teil wie ein Huuu! – also genau wie die heulende Stimme eines Fuchses.

Das Wort stammt vom chinesischen huli (狐狸). In dieser Kanji-Kombination findet man das Wort auch im Japanischen, wo es nicht huli, sondern kori (狐狸) lautet. Man übersetzt es als ein Wesen, das Menschen betrügt.

Die Füchse haben also auch in Japan mehrere Gesichter. Manchmal sind sie gefährliche Gestaltwandler und können die Menschen in Besitz nehmen und verzaubern. Sie verwandeln sich oft in schöne Frauen, die man aber auch öfter als Schutz-Symbol an shintoistischen Schreinen finden kann – sogar neben dem Haneda Flughafen in Tokio/Yokohama.

Kitsune

Erzählungen und Legenden über den Fuchs

Noch in der Edo-Zeit im 18. Jahrhundert lebte ein Mann namens Suzuki Shinzaemon genau dort, wo heutzutage der Haneda Flughafen ist. Der Legende nach hatte er ein neues Reisfeld angelegt. Ein alter Fuchs lebte neben dem Reisfeld, und obwohl es von heftigen Gewittern bedroht war, hatte der Fuchs es jedes Mal beschützt. Aus Dankbarkeit haben die Menschen dem Fuchs einen Schrein mit einem roten Tor gebaut.

Als der Flughafen Haneda gebaut wurde, gab der Direktor des Flughafens bekannt, dass das Tor des Schreins versetzt werden müsse. In den folgenden Tagen passierten mit den Flugzeugen jedoch mehrere Unfälle und viele Bauarbeiter sind krank geworden. Man sagt seit diesen Vorfällen, dass das Tor nicht versetzt werden und an der gleichen Stelle stehen bleiben muss. Auch heute steht es noch da, um die Passagiere und die Umgebung zu beschützen. Und wenn man mit dem Flugzeug in Haneda landet, kann man auch manchmal die mysteriöse Atmosphäre dieses besonderen Ortes fühlen.

Haneda Flughafen

Viele japanische Kitsune-Erzählungen haben chinesische Herkunft, was auch die Anwesenheit der Gestaltwandler erklärt. Gestaltwandelnde Fuchseen können Männer oder Frauen sein, allerdings werden Frauen öfters erwähnt.

Eine andere Erzählung besagt, dass ein Mann mit einer schönen und netten Frau verheiratet war und sie zwei Söhne hatte. An einem Tag hat die Hündin der Familie ein Hündchen zur Welt gebracht. Der Welpe bellte die Mutter plötzlich an. Die Mutter hat sich dabei so erschreckt, dass sie sich sofort in eine Füchsin verwandelte und ihre Tarnung aufflog. Obwohl die Kitsune-Frau weggehen musste, war ihre Liebe so stark, dass die Fuchsfee jeden Abend nach Hause kam, zurück zu ihrem Mann. Auf diese Geschichte lässt sich auch das japanische Wort für Fuchs kitsu (kommen) ne (schlafen) zurückführen.

Shinto-Schrein

Liza, die Fuchsfee (2015)

Weil die Kitsune-Literatur riesengroß ist, würde ich euch gerne einen Film empfehlen – eine ungarische Komödie, die im Jahr 2015 ein großer Hit war. Die frühen japanischen Pop-Lieder im Film von „Tomy Tani“ (Komponist: Ambrus Tövisházi), die die Atmosphäre der japanischen 60-70er Jahre wiedergeben, sind sogar noch beliebter als der Film selbst.

Liza, die Fuchsfee

Im Film, der uns eine ungewöhnliche Geschichte erzählt, geht es um Liza, eine junge Frau, die sehr schüchtern ist. Oder doch nicht? Ist sie vielleicht eine Fuchsfee, die als Pflegerin für die Witwe des japanischen Botschafters arbeitet? Zu Lizas Charakter gehören die falschen Illusionen über die japanische Kultur, die Europa in den 70er Jahren überflutet hat, und das alles passt mit der Situation des konsolidierten Kommunismus der 70er Jahre in Ungarn zusammen.

Mit den Liedern kann man sogar ein wenig Japanisch lernen – denn sie sind alle auf Japanisch und richtige Ohrwürmer. Hier könnt ihr es euch selbst mal anhören:

Über die Autorin

Edit K. ist Japanologin und hat in Budapest, Heidelberg und Tokio Japanologie studiert. Schön während ihres Studiums hat sie die höchste Stufe des offiziellen Japanischtests, den JLPT N1 bestanden und kennt sich sehr gut mit japanischer Literatur aus. Seit letztem Jahr ist sie bei Nipponcademy als Sprachtrainerin tätigt und hilft Interessenten seitdem, die japanische Sprache von Grund auf zu erlernen. Mehr von ihr seht ihr in unserem Online-Japanischkurs.

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